Dichtung und Wahrheit – Eine Übersicht zu im Internet kursierenden Aussagen, die Cem zugeschrieben werden

„In Zukunft sollen Erwachsene nur noch 10 Gramm Fleisch am Tag essen.“

Cem hat das nicht gesagt oder gefordert. Es ist auch nicht die Politik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Wer mag, kann morgens, mittags, abends Fleisch essen und sich ausschließlich von Fleisch ernähren. Wer möchte, kann sich auch einen Wecker stellen, der nachts jede halbe Stunde daran erinnert, das Fleisch-Pensum aufrechtzuerhalten.

 

„Hunger ist kein Argument für Abstriche bei Biodiversität und Klimaschutz“

Cem hat das nicht gesagt. Es handelt sich um eine sinnentstellende Kürzung – die FAZ hat das falsch verkürzte Zitat auf Twitter veröffentlicht, kurze Zeit später gelöscht und sich dafür entschuldigt. Im zugrundeliegenden Interview sagte Cem eigentlich: „Das Thema Hunger nehme ich sehr ernst – im Gegensatz zu vielen, die das jetzt plötzlich für sich entdeckt haben. Aber man darf es nicht als Argument missbrauchen, um Abstriche bei Biodiversität und Klimaschutz zu machen.“

 

„Wir wollen, dass Deutschland islamisch wird.“

Dieser Satz wird Cem in einem Interview mit Susanne Zeller-Hirzel unterstellt. Er hat ihn weder gesagt noch vertritt er eine solche Ansicht. Es gibt für dieses „Zitat“ auch keine Quelle – jedenfalls solange nicht bloße Behauptungen, Hörensagen oder Kettenzitate im Internet als sichere Quelle gelten.
Zur weiteren Meinungsbildung sei auf den gemeinsamen Gastbeitrag mit Ahmad Mansour: „Nicht nur Arbeitskräfte, sondern auch Demokraten – Eine bessere Integrationspolitik gegen Radikalisierung und religiösen Fanatismus“ sowie auf diesen Gastbeitrag von Cem anlässlich des 60. Jahrestages unseres Grundgesetzes 2009 verwiesen: „Patriot aus Anerkennung“.

 

„Wir sind hier, um Deutschland und Europa für Allah zu gewinnen.“

Dieser Satz wird Cem im Internet von einer Ariana Malviden unterstellt. Es handelt sich bei diesem Unfug um eine freie Erfindung. Im Übrigen gilt das gleiche wie beim vorherigen „Zitat“.

 

„Was unsere Urväter vor den Toren Wiens nicht geschafft haben, werden wir mit unserem Verstand schaffen!“

Cem hat das nicht gesagt. Er hat dies bereits 1998 in einem Leserbrief im Focus, der diese angebliche Aussage verbreitete, zum Ausdruck gebracht:

FOCUS vom 26.09.1998
Zuviel der Ehre
Leider greifen Sie in Ihrem Beitrag auf ein angebliches Zitat aus der türkischsprachigen „Hürriyet“ von mir zurück, das prompt per Pressemitteilung der CDU/CSU-Fraktion kommentiert wurde. Richtiger wurde es dadurch nicht. Wie Sie wissen, werde ich öfter zur Zielperson der „Hürriyet“, gerade weil ich mich nicht vor deren nationalistischen Karren spannen lasse. Nachdem ich in dieser Zeitung als PKK-Anhänger, grüne Spinne und Vaterlandsverräter dargestellt wurde, erhielt ich kürzlich noch das Prädikat islamistisch. Mich nun auf eine Stufe mit Kara Mustafa, der das Abendland vor Wien in Angst und Schrecken versetzte, zu stellen ist zuviel der Ehre. Dazu mußten meine Äußerungen im Pressegespräch in München schon erheblich zusammengebastelt werden. Ich kann Ihnen versichern, daß ich auch in Wahlkampfzeiten keinen nationalistischen Neigungen anzuhängen pflege.
Bonn, CEM ÖZDEMIR, MdB (Bündnis 90/Die Grünen)

 

Cem habe PEGIDA-Demonstranten als „Nazischweine“ bezeichnet

In einschlägigen Foren und Blogs kursiert dazu ein gefälschter Screenshot. Dieser zeigt angeblich Cems Facebook-Seite mit einem Bild, auf dem die Aufschrift „Gemeinsam gegen PEGIDA – Gib Nazischweinen keine Chance“ zu lesen ist. Dieser Beitrag stammt nicht von Cem und befand sich auch nie auf dessen Facebook-Seite.

 

„In zwanzig Jahren haben wir eine Grüne Bundeskanzlerin und ich berate die türkische Regierung bei der Frage, wie sie ihre Probleme mit der deutschen Minderheit an der Mittelmeerküste in den Griff bekommt.“

Das Zitat stammt aus einem Artikel, der 2009 im Tagesspiegel erschienen ist. Es handelt sich um eine Antwort mit einem ironischen Augenzwinkern auf die Frage, wie Cem sich die Zukunft vorstelle.

 

„Das Problem ist nicht Sarrazin selbst als Person, sondern der gleich gesinnte Bevölkerungsanteil in Deutschland“

Einige von Thilo Sarrazins Aussagen zur Erinnerung: Viele Araber und Türken hätten „keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel“. Statt auf die Bildung ihrer Kinder Wert zu legen, würden türkische Migranten „ständig neue kleine Kopftuchmädchen“ produzieren. „Türken“, so Sarrazin, „erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate. Das würde mir gefallen, wenn es osteuropäische Juden wären mit einem um 15 Prozent höheren IQ als dem der deutschen Bevölkerung.“
Das ist voraufklärerisch und sozialdarwinistisch. Wenn jemand solche Haltungen vertritt, dann ist das selbstverständlich problematisch.

 

„Der deutsche Nachwuchs heißt jetzt Mustafa, Giovanni und Ali!“

…und Selma, Yüksel, Paul, Sarah, Tibor, Van, Emma, Luca, Martin, Anna, Lena, Anna-Lena, Sabin, Ben, Sandra, Jonas, Fatma, Moritz, Ayse, Christoph, Paraschiva, Sofia, Taylan…
Na und?
Der skandalisierte Satz ist übrigens verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen – aber sonst wäre er auch noch unspektakulärer, als er ohnehin schon ist. Hier noch ein paar ähnliche Zitate: „Ich hoffe, unsere Mitglieder und Wähler heißen künftig Anne wie Ayse“, „Und die Konservativen haben sich daran gewöhnt, dass Deutsche mittlerweile nicht mehr nur Eberhard, Detlev, Gustav, Erdmute oder Waltraud heißen – sondern manchmal eben auch Cem Özdemir.“

 

Mythos: Cem habe angeblich eine kurdische Moschee aus dem Haus vertrieben.

Das ist falsch. Entsprechend wurde im Januar 2009 auch gegen Falschmeldungen und gegen Cem gerichtete Unterstellungen juristisch vorgegangen. Die erschienen Texte sind mittlerweile gesperrt, nachdem die Zeitung Özgür Politika sich schriftlich verpflichten musste, diese Meldungen gegen Strafandrohung nicht mehr zu wiederholen.
Dieser Zeitungsbericht von September 2008 geht sachlich auf den Fall und die näheren Umstände ein: http://www.taz.de/!5175237.
In aller Kürze: Es ging um gerichtliche Verfahren mit einer Moschee und einem Männercafé, die jeweils der PKK nahe standen. Bei den Räumlichkeiten der Moschee handelte es sich um eine gewöhnliche Wohnung in einem Wohnhaus, die für einen Besucherverkehr von hundert Menschen schlichtweg nicht geschaffen war. In beiden Verfahren sind vor Gericht mit der Hausgemeinschaft bzw. den Vermietern Vergleiche abgeschlossen worden.
Die Verfahren wurden notwendig, nachdem jahrelange Bemühungen um einen Auszug aus dem Haus und alternative Lösungen immer wieder an nicht eingehaltenen Zusagen durch Verantwortliche der Moschee und des Cafés gescheitert waren. Cem selbst wohnte seinerzeit erst seit kurzem in dem Haus und war weder Vermieter des Cafés noch der Moschee. Die Gerichtsverfahren wurden damals von radikalen kurdischen Kräften instrumentalisiert. Bei einigen der Bewohner des Hauses handelte es sich übrigens selbst um politisch aktive Kurden sowie linke und grüne Aktivisten – die allerdings nichts mit der PKK zu tun hatten und haben. Es war und ist falsch und bedauerlich, wenn manche der Kurdenfeindlichkeit beschuldigt werden, weil sie nicht die Ansichten der PKK teilen. Cem wendet sich gegen jede Form von Ultra-Nationalismus und Gewalt, gleich ob es sich um türkische Nationalisten, die PKK, Salafisten, Extremisten oder Pegidas dieser Welt handelt. Demokratie und die Geltung der Menschenrechte sind sein Maßstab.
Bemerkenswert ist, dass das damalige Gerichtsverfahren, welches seinerzeit von radikalen kurdischen Kräften instrumentalisiert wurde, inzwischen gern von rechtspopulistischen Kräften instrumentalisiert wird. Was nicht passt, wird passend gemacht.

 

„Ich denke, dass die christlich-abendländische Kultur als solche nicht existiert. Vielmehr wird sie konstruiert, um andere Gruppen von ihr auszuschließen.“

Ausführlich dazu hier.